Publikation –

21.4.2017

Arbeitgeber aufgepasst! Noch mehr Bürokratie durch das neue Entgelttransparenzgesetz

In Deutschland verdienen Frauen auch unter Berücksichtigung, dass diese häufiger in Teilzeit oder in niedriger entlohnten Branchen und Berufen arbeiten, bei gleicher formaler Qualifikation und ansonsten gleichen Merkmalen durchschnittlich 6 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen.

Um diese Lohnlücke zu schließen, hat die Bundesregierung neben der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes, von dem mehrheitlich Frauen in niedrig entlohnten Dienstleistungsbereichen und geringfügiger Beschäftigung profitieren, und der Einführung einer Geschlechterquote für Frauen in Führungspositionen nunmehr das „Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen“ (Entgelttransparenzgesetz) beschlossen, welches mit dem 30.03.2017 den Bundestag passiert hat und zum 01.07.2017 in Kraft treten soll.

Folgende wesentliche Inhalte enthält das Gesetz:

  • Die Einführung eines individuellen Auskunftsanspruchs für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten, womit diese bzw. der Betriebsrat Auskunft zu dem durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelt (einschließlich aller Vergütungsbestandteile, die unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses gewährt werden) einer Vergleichstätigkeit und zu bis zu zwei einzelnen Entgeltbestandteilen (z. B. Leistungszulagen und Dienstwagen) verlangen können und der Arbeitgeber daraufhin auch Auskunft über die Entgeltfindung für den entsprechenden Beschäftigten und die Vergleichstätigkeit erteilen muss. Die Auskunftspflicht besteht auch bei einer Tarifbindung.
  • Die Aufforderung an private Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten, mithilfe (nach vorheriger Unterrichtung des Betriebsrates eingeführter) betrieblicher Prüfverfahren, bestehend aus Bestandsaufnahme, Analyse und Ergebnisbericht, unter Wahrung des Datenschutzes ihre Entgeltregelungen und die verschiedenen gezahlten Entgeltbestandteile sowie deren Anwendung regelmäßig auf die Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots zu überprüfen und die Beschäftigten zu informieren sowie:
  • Die Einführung einer Berichtspflicht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit von Frauen und Männern für Unternehmen mit in der Regel mindestens 500 Beschäftigten alle drei bzw. fünf Jahre (bei Tarifbindung), soweit diese nach dem Handelsgesetzbuch lageberichtspflichtig sind.

Das Gesetz begründet einmal mehr zusätzlichen Bürokratieaufwand für Arbeitgeber – der Regierungsentwurf spricht von sieben neuen Informationspflichten – hinsichtlich der Dokumentations- und Transparenzpflichten im Rahmen der Entgeltfindung und der Beteiligung des Betriebsrates. Dabei beklagen sich bereits heute viele Unternehmen zu Recht über einen zunehmenden und kaum noch zu bewältigenden Bürokratieaufwand im Bereich der Personalverwaltung.

Ein Mehrwert für vermeintlich benachteiligte Arbeitnehmer (Männer wie Frauen) durch dieses Gesetz ist ebenfalls mehr als fraglich. Zwar kann der vorgesehene Auskunftsanspruch bei der Durchsetzung von Ansprüchen wegen Lohnungerechtigkeit helfen. Immerhin ist aber bereits durch den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) bereits seit Jahren ein Schutz gegen geschlechtsspezifische Lohnungerechtigkeit gegeben. Danach kann schon heute bei einer geschlechterspezifischen Diskriminierung die Lohndifferenz und ggf. sogar eine Entschädigung verlangt werden. Auch hat der Betriebsrat die Aufgabe, entsprechenden Lohnungerechtigkeiten entgegenzuwirken und verfügt über entsprechende Auskunfts- und Einsichtsrechte, die lediglich erweitert werden. Dennoch sind Verfahren, die geschlechtsspezifische Lohnungerechtigkeiten zum Gegenstand haben, sehr selten, auch das Entgelttransparenzgesetz sieht neben dem individuellen Auskunftsanspruch keinen unmittelbaren Anspruch auf den gleichen Lohn vor. Den Betriebsfrieden dürfte es aber allemal stören.

Gleichwohl: Das Gesetz soll zum 01.07.2017 in Kraft treten und alle Arbeitgeber, insbesondere solche mit über 200 Arbeitnehmern, sollten schon jetzt ihr betriebliches Vergütungssystem auf eventuell vorhandene Lohnunterschiede überprüfen, um ggf. noch nachjustieren zu können und auf eventuelle Auskunftsverlangen vorbereitet zu sein.


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Christian StückradChristian Stückrad

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Susann Lieske-BrühlSusann Lieske-Brühl

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