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24.3.2020

Entwurf eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht

Die Corona-Pandemie bestimmt im Moment unser öffentliches Leben, Veranstaltungen werden abgesagt, gastronomische Einrichtungen und Einzelhandelsgeschäfte sind geschlossen und auch der internationale Warenverkehr gerät immer mehr ins Stocken.

Neben der Sorge um die gesundheitlichen Folgen des Covid-19-Virus fürchten mittlerweile auch viele um ihre wirtschaftliche Existenz.

Neben geplanten staatlichen Zuschüssen, erleichtertem Zugang zur Kurzarbeit und steuerlichen Maßnahmen soll nun auch ein Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht, den sich insbesondere in den Bereichen Mietrecht, Gesellschafterecht und Strafrecht ergebenden Folgen entgegenwirken.

Die bisher veröffentlichte Formulierungshilfe der Bundesregierung für einen Entwurf eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht finden Sie hier:

Die geplanten Änderungen im Überblick:

Zivilrecht

Ein Verbraucher hat das Recht, Leistungen zur Erfüllung eines Anspruchs, der im Zusammenhang mit einem Verbrauchervertrag steht, der ein Dauerschuldverhältnis ist und vor dem 08. März 2020 geschlossen wurde, bis zum 30. Juni 2020 zu verweigern, wenn dem Verbraucher infolge von Umständen, die auf die Ausbreitung der Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) zurückzuführen sind, die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht möglich wäre.

  • Mieterinnen und Mieter von Wohn- und Gewerbeimmobilien, die wegen der COVID-19-Pandemie ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllen können, sollen vor Kündigungen geschützt werden. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibt im Gegenzug im Grundsatz bestehen. Dies gilt für Pachtverhältnisse entsprechend.
  • Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Kleinstunternehmen soll ein Zahlungs- oder Leistungsaufschub bei bestimmten fortlaufenden Verpflichtungen gewährt werden. Dadurch soll insbesondere eine unterbrechungsfreie Versorgung mit Leistungen der Grundversorgung sichergestellt werden, wie zum Beispiel mit Strom, Gas, Telekommunikationsleistungen etc.
  • Verbraucherinnen und Verbraucher sollen einen mindestens dreimonatigen Zahlungsaufschub bei Verbraucherdarlehensverträgen erhalten und es soll eine Vertragsanpassung nach Ablauf der Stundungsfrist eingeführt werden, mit der Möglichkeit für die Vertragsparteien, eine abweichende Vertragslösung zu finden. Flankiert wird dies von einem gesetzlichen Kündigungsschutz.

Da bisher nicht absehbar ist, wann die Pandemie überstanden ist und sich das Wirtschaftsleben wieder so stabilisiert hat, dass sich die Lage der Betroffenen wieder normalisiert hat, wurde in der Formulierungshilfe bereits vorgesehen, dass sofern der Zeitraum bis Juni 2020 nicht ausreichend ist die wirtschaftlichen Folgen abzufedern, der Bundesregierung die Möglichkeit eingeräumt wird, die vorgesehene Befristung im Wege einer Vorordnung zu verlängern.

 

Insolvenzrecht

Die Insolvenzantragspflicht und die daranan knüpfenden Zahlungsverbote sollen bis zum 30. September 2020 ausgesetzt werden. Es sei denn, die Insolvenz beruht nicht auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie oder es besteht keine Aussicht auf die Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit. Für einen dreimonatigen Übergangszeitraum soll auch das Recht der Gläubiger suspendiert werden, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen.

Darüber hinaus sind Regelungen vorgesehen, die Anreize schaffen sollen, den betroffenen Unternehmen neue Liquidität zuzuführen und die Geschäftsbeziehungen zu diesen aufrecht zu erhalten, ohne dass im Falle einer späteren Insolvenz des betroffenen Unternehmens daraus ein Nachteil erwächst.

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie die Regelung zum Eröffnungsgrund bei Gläubigerinsolvenzanträgen sollen im Verordnungswege bis zum 31. März 2021 verlängert werden können.

 

Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht

Die Handlungsfähigkeit und Beschlussfassungen von Unternehmen, Genossenschaften, Vereinen und Wohnungseigentümergemeinschaften sollen auch trotz der derzeit stark beschränkten Versammlungsmöglichkeiten vorübergehend sichergestellt werden.

Hierzu werden vorübergehend substantielle Erleichterungen für die Durchführung von Hauptversammlungen der Aktiengesellschaft (AG), Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), des Versicherungsvereins a. G. (VVaG) und der Europäischen Gesellschaft (SE) sowie für Gesellschafterversammlungen der GmbH, General- und Vertreterversammlungen der Genossenschaft und Mitgliederversammlungen von Vereinen geschaffen.

Wesentliche Aspekte der vorgesehenen vorübergehenden Erleichterungen für die AG, KGaA und SE sind dabei die Möglichkeit, dass der Vorstand der Gesellschaft auch ohne Satzungsermächtigung eine Online-Teilnahme an der Hauptversammlung ermöglichen kann, die Möglichkeit einer präsenzlosen Hauptversammlung mit eingeschränkten Anfechtungsmöglichkeiten eingeräumt werden soll. Weiterhin soll eine Verkürzung der Einberufungsfrist auf 21 Tage ermöglicht werden, sowie die Ermächtigung für den Vorstand, auch ohne Satzungsregelung Abschlagszahlungen auf den Bilanzgewinn vorzunehmen. Damit wird erstmals auch die Möglichkeit einer virtuellen Hauptversammlung von Aktiengesellschaften geschaffen.

Zudem wird die Möglichkeit eröffnet, eine Hauptversammlung innerhalb des Geschäftsjahres durchzuführen, das heißt, die bisherige Achtmonatsfrist wird auf zwölf Monate verlängert.

Für Genossenschaften und Vereine werden ebenfalls vorübergehend Erleichterungen für die Durchführung von Versammlungen ohne physische Präsenz oder die Beschlussfassung außerhalb von Versammlungen, auch ohne entsprechende Satzungsregelungen geschaffen um erforderliche Beschlüsse zu fassen und handlungsfähig zu bleiben.

Im Übrigen werden für Genossenschaften, Vereine, Stiftungen und Wohnungseigentümergemeinschaften Regelungen für den vorübergehenden Fortbestand bestimmter Organbestellungen getroffen, sollten diese ablaufen, ohne dass neue Organmitglieder bestellt werden können. Vorstandsmitglieder eines Vereins bleiben bis zur Bestellung von Nachfolgern im Amt.

Die Teilnahme von Vereinsmitgliedern an der Mitgliederversammlung auf elektronischem Wege wird ermöglicht, die schriftliche Stimmabgabe vor der Durchführung der Mitgliederversammlung wird ermöglicht. Abweichend von § 32 Abs. 2 BGB ist ein Verein beschlussfähig, wenn alle Mitglieder beteiligt und mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimme in Textform abgegeben haben.

Diese Regelungen sollen wohl zunächst für das Jahr 2020 gelten und können durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Wege der Verordnung auf das Jahr 2021 verlängert werden.

 

Umwandlungsrecht

Im Umwandlungsrecht wird zudem die Frist gemäß § 17 Absatz 2 Satz 4 des Umwandlungsgesetzes auf zwölf Monate verlängert, um zu verhindern, dass aufgrund fehlender Versammlungsmöglichkeiten Umwandlungsmaßnahmen an einem Fristablauf scheitern.

Wir weisen darauf hin, dass es sich lediglich um eine Formulierungshilfe der Bundesregierung handelt. Es bleibt abzuwarten, ob im Entwurf noch Änderungen vorgenommen werden. Eine konkrete Darstellung der einzelnen Normen wird zeitnah erfolgen, wenn diese in Kraft getreten sind.

Der Deutsche Bundestag wird sich aller Voraussicht nach bereits in dieser Sitzungswoche ab dem 23. März 2020 mit dem Gesetzesvorhaben beschäftigen.

Wir werden über die geplanten Änderungen und deren Auswirkungen in weiteren Blogbeiträgen berichten.

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Susanne ErbSusanne Erb

Rechtsanwältin, Partnerin,
Zertifizierte Stiftungsberaterin (DSA),
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Christian FaberChristian Faber

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht,
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