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3.4.2020

Update: COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVIn-sAG) in Kraft

Der am 16.03.2020 angekündigte Entwurf eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht ist in einem Schnellverfahren am 25.03.2020 entsprechend der Beschlussfassung des Rechtsausschusses durch den Bundestag einstimmig angenommen und nach Zustimmung des Bunderates am 27.03.2020 durch Verkündung im Bundesgesetzblatt noch am gleichen Tage in Kraft getreten.

Das CovInsAG (Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz) ist in Artikel 1 des Gesetzentwurfs enthalten und ist mit (Rück-)Wirkung zum 01.03.2020 in Kraft getreten.

Den aktuellen Gesetzestext samt Begründung können Sie hier abrufen.

Wir geben Ihnen eine Übersicht über die wichtigsten Regelungen:

§ 1 COVInsAG: Regelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflichten

§ 1 Abs. 1 CovInsAG setzt die haftungs- und strafbewehrten Antragspflichten nach § 15a InsO und § 42 Abs. 2 BGB für einen Zeitraum vom 01.03.2020 bis zunächst 30.09.2020 aus.

Die Zielsetzung ist es, den Unternehmen die Zeit zu geben, die bereitstehenden Finanzhilfen in Gestalt von staatlichen finanziellen Mitteln oder sonstigen Finanzierungs- und Sanierungsarrangements mit Gläubigern und Darlehensgebern zu realisieren und eine Normalisierung der wirtschaftlichen Situation herbeizuführen. Da nicht bekannt ist, welcher zeitliche Rahmen erforderlich ist, um die Masse der Anträge zu bearbeiten und Auszahlungen vorzunehmen, soll daher in dieser Sondersituation die Insolvenzantragspflicht zunächst ausgesetzt werden, um zu vermeiden, dass wirtschaftlich solide Unternehmen aufgrund der straf- und haftungsbewährten Insolvenzantragspflicht in ein Insolvenzverfahren gedrängt werden, obwohl Finanzhilfe bereitstehen.

Die Suspendierung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30.09.2020 können jedoch lediglich Unternehmen für sich beanspruchen, die nicht bereits zum 31.12.019 zahlungsunfähig waren.

Ausgenommen sind weiterhin Unternehmen, deren Insolvenzreife nicht auf der Corona-Pandemie beruht oder wenn keine Aussichten auf eine Sanierung mehr bestehen. Allerdings wird derzeit vermutet, dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen. Das Gegenteil wäre von demjenigen zu beweisen, der sich auf einen Verstoß gegen die Antragspflicht beruft – mithin in aller Regel von dem Insolvenzverwalter.

Um die Insolvenzantragsverpflichtungen der Geschäftsleiter abzugrenzen von pandemiebedingten Insolvenzgründen bzw. nicht pandemiebedingten Insolvenzgründen, ist es angeraten, dass die Geschäftsleiter die Insolvenzgründe dokumentiert voneinander abgrenzen, um für spätere Auseinandersetzungen gewappnet zu sein.

§ 2 COVInsAG: Regelung zur Rechtsfolge der Suspendierung der Antragsantragspflicht

§ 2 des COVInsAG bestimmt Rechtsfolgen, die in der Beschränkung der Zahlungsverbote Anreize schaffen sollen, die betroffenen Unternehmen mit neuer Liquidität zu versorgen und die Geschäftsbeziehung zu diesen weiterhin aufrechtzuerhalten.

• Gesellschaftsrechtliche Zahlungsverbote (§ 2Abs. 1 Nr. 1 COVInsAG)

Als Pendant auf die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht von Unternehmen wird dementsprechend auch die Haftung von Geschäftsleitern für die Zahlung nach Eintritt der Insolvenzreife weitestgehend suspendiert. Voraussetzung ist aber weiterhin, dass diese im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgten, insbesondere zur Aufrechterhaltung oder der Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs oder Umsetzung eines aussichtsreichen Sanierungskonzeptes dienen, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar.

• Anfechtungsschutz für Darlehen (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 COVInsAG)

Weiterhin sieht das COVInsAG Erleichterungen bei der Vergabe von Darlehen (und ähnlichen Gestaltungen) vor. Zur Aufrechterhaltung bzw. zur Wiederherstellung einer auskömmlichen Liquiditätssituation im Unternehmen werden die Rückzahlungen eines im Zeitraum vom 01.03.2020 bis 30.09.2020 gewährten neuen Kredits sowie in diesem Aussetzungszeitraum erfolgte Bestellung von Sicherheiten zur Absicherung der Darlehen der Insolvenzanfechtung entzogen, sofern die Rückzahlung bis zum 30.09.2023 erfolgt.

Diese Regelungen gelten nicht nur für Darlehensgewährung durch Kreditinstitute, sondern sind auch auf Gesellschafterdarlehen bzw. diesen wirtschaftlich entsprechenden Zahlungen anzuwenden.

Dementsprechend sind derartige Gesellschafterdarlehen im Rahmen eines trotzdem möglichen Insolvenzverfahrens nicht mehr als nachrangige Forderungen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zu qualifizieren, sondern vielmehr als Insolvenzforderungen im Rahmen des § 38 InsO. Es muss sich allerdings um neu ausgereichte Darlehen handeln, die auch bis zum 30.09.2023 zurückgeführt werden müssen. Die Besicherung von Gesellschafterdarlehen ist jedoch ausdrücklich nicht privilegiert.

• Sonstiger Anfechtungsschutz (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG)

Ziel der Norm ist es, den Leistungsaustausch des Schuldners mit seinen Vertragspartnern bestmöglich zu erhalten und die Vertragspartner vor Anfechtungsrisiken zu schützen, wenn sie die Unternehmensfortführung unterstützen.

Sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gegeben, so kann auch das Risiko einer künftigen Insolvenzanfechtung weitgehend ausgeschlossen werden.

Erhält ein Gläubiger Zahlungen von einem Unternehmen und hat Kenntnis von dessen Zahlungsunfähigkeit erlangt, müssten diese Zahlungen im Falle einer späteren Insolvenz des Unternehmens nach aktueller Rechtslage an die Insolvenzmasse zurückerstattet werden. Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger einen ordnungsgemäßen Anspruch, wie beispielsweise einen vertraglichen Anspruch aus einem Kaufvertrag, Dienstleistungs- oder Mietvertrag hat. Da viele Unternehmen als auch Privatpersonen nicht mehr über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um ihren Zahlungsverpflichtungen pünktlich nachzukommen, werden Zahlungen entweder gar nicht mehr geleistet bzw. werden unter dem Hinweis auf die Folgen des Eintritts der Corona-Pandemie Ratenzahlungsvereinbarungen bzw. Stundungsabreden getroffen.

Unter dem Licht des Insolvenzanfechtungsrechtes sind diese Abreden teilweise kritisch zu bewerten.

Der Gesetzgeber hat jedoch auch diese Problematik im Gesetzentwurf berücksichtigt und die Anfechtungsmöglichkeit solcher Zahlungen weitestgehend ausgeschlossen. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn der Gläubiger wusste, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuldners wohl zur Beseitigung der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit nicht geeignet gewesen sind. Inwiefern hier in einem möglicherweise späteren Anfechtungsprozess dem Insolvenzverwalter eine Beweisführung gelingt, ist fraglich. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Rechtsprechung in der Vergangenheit, insbesondere im Hinblick auf die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit, sich zu einer umfangreichen Indizienrechtsprechung entwickelt hat, die dann zu einer Beweislastumkehr zu Lasten des Gläubigers führen könnte.

§ 3 COVInsAG: Eröffnungsgrund bei Gläubigerinsolvenzanträgen

Damit korrespondierend zu der fehlenden Antragspflicht ein Insolvenzverfahren nicht von einem Gläubiger erzwungen werden kann, wird das Antragsrecht der Gläubiger eingeschränkt.

§ 3 COVInsAG regelt, dass Insolvenzanträge von Gläubigern für einen Zeitraum von 3 Monaten unzulässig sind. § 3 COVInsAG suspendiert insoweit die Antragsberechtigung des Gläubigers im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 InsO.

Bei einem zulässigen Gläubigerantrag muss die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bei zwischen dem 28.03.2020 und 28.06.2020 gestellten Gläubigeranträgen bereits am 01.03.2020 vorgelegen haben.

Fazit:

Mit den wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie werden viele Unternehmen noch Jahre zu kämpfen haben. Daher sind aus der Sicht der betroffenen Unternehmen die Änderungen, die das COVInsAG mit sich bringt grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings muss den von der Krise betroffenen Unternehmen bewusst sein, dass ihnen durch die geschaffenen Regelungen nur die nötige Zeit verschafft werden soll, das rechtliche Überleben sicherzustellen, bis die für das wirtschaftliche Überleben erforderlichen finanziellen Mittel beschafft werden können. Der einzige Zweck des Gesetzes ist damit das Verschaffen von ZEIT!

Wichtig ist daher, dass die betroffenen Unternehmen diese Zeit nutzen und schnell individuelle Finanzierungs- und Sanierungskonzepte erarbeiten um die eingetretene Krise zu überwinden.

Gern stehen wir Ihnen für detailliertere Fragestellungen zur Verfügung.

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