Publikation –

29.1.2020

Digitalisierung realer Vermögenswerte auf der Blockchain

Mit sogenannter Tokenisierung von Real World Assets auf der Blockchain können reale Vermögenswerte digitalisiert werden. In Deutschland muss dabei aber bislang noch ein rechtlicher Zwischenschritt eingelegt werden.

Die Blockchain ist in aller Munde. Doch was genau ist die Blockchain eigentlich?

Julian Hosp beschreibt sie in seinem Buch wie folgt:

„Eine Blockchain ist eine digitale Datei, in der dieselbe Information von allen Mitgliedern einer Gesellschaft abgespeichert und Updates in regelmäßigen Zeitblöcken an die bereits bestehende Information gehängt werden, sodass jeder Teilnehmer die gesamte Information besitzt und sich auf andere verlassen muss.“

(Julian Hosp – Was ist eine Blockchain? – Eine Erklärung in 30 Sekunden, Blockchain 2.0)

Die Blockchain stellt demzufolge also eine „Datenbank“ dar, die Informationen speichert und allen Teilnehmern gleichermaßen zugänglich macht. Den meisten Menschen ist die Blockchain mit der Kryptowährung der „Bitcoins“ bekannt geworden, die auf der Blockchain transferiert und ausgegeben werden. Bitcoins werden durch das Lösen komplexer mathematischer Lösungen, dem sogenannten „Mining“, erschaffen.

Das Potenzial der Blockchain-Technologie geht jedoch weit über die Anwendung bei Kryptowährungen hinaus. Sie kann die Rolle traditioneller Player in der Finanzbranche grundlegend ändern. Waren Transaktionen bisher fast ausschließlich durch die Vertrauensstellung von Banken und anderen Finanzdienstleistern möglich, so kann in Zukunft die Blockchain diese Rolle übernehmen. Denn nicht nur (Fiat-)Geld, sondern nahezu alle realen Vermögenswerte können als Token auf einer Blockchain dargestellt werden und so vollständig frei gehandelt werden, ohne dass dafür ein spezieller Handelsplatz wie die Börse gegeben sein muss.

Wie werden nun aber reale Vermögenswerte digitalisiert? Liechtenstein hat mit dem „Gesetz über Token und VT Dienstleister“ (TVTG) auch „Liechtenstein Blockchain Act“ genannt, zum ersten Mal aufgezeigt, wie eine solche Digitalisierung ohne rechtliche Zwischenschritte funktionieren kann. Das neue Gesetz führt das sogenannte „Token Container Model“ (TCM) in das Feld, mit dem der Token als rechtliche Rahmenbedingung fungiert, der reale Vermögenswerte aller Art beinhalten kann. Beispiele für solche realen Vermögenswerte können Immobilien, Rohstoffe, Aktien und auch normales Geld sein. Auch möglich wäre es, den Container leer zu belassen und ihn damit als einfachen Code zu verstehen, der keinen reellen Gegenwert hat. Das berühmteste Beispiel hierfür ist der bereits genannte Bitcoin als Kryptowährung. Abgesichert wird die Repräsentation der Rechte im Container durch eine dahinterstehende zivilrechtliche Lösung, die auch eine Durchsetzbarkeit vor Gericht, in der Theorie, möglich macht.

Diesem, sehr fortschrittlichen liechtensteinischen Model wurde in der Bundesrepublik Deutschland bislang noch nicht gefolgt und es ist auch nicht anwendbar, wenn ein Produkt in Deutschland öffentlich angeboten wird. Problem der rechtlichen Lage in Deutschland ist es, dass sachenrechtlich noch immer eine Verbriefung, also Verdinglichung der Vermögenswerte gefordert wird, um die Rechte zu repräsentieren, bzw. eine solche zumindest nach gutgläubigem Erwerb vorrangige Rechte vermittelt. Vereinfacht bedeutet dies, dass ein Tokeninhaber nachrangige Rechte zu demjenigen hat, der den realen Vermögenswert tatsächlich in den „Händen hält“. Zum derzeitigen Stand muss in Deutschland bislang noch ein Konstrukt gebildet werden, dass den „Nachrang“ des digitalisierten Vermögenswertes rechtlich abfangen kann.

Solch ein rechtliches Konstrukt kann darin bestehen, dass die Vermögenswerte in Schuldverschreibungen abgebildet werden. Die Schuldverschreibungen (auch „Bonds“ genannt) können dann reales Vermögen jeder Art beinhalten. Diese Schuldverschreibungen stellen dann Wertpapiere dar, welche von interessierten Anlegern gezeichnet werden können. Hierdurch verpflichten sich diese gegenüber der Emittentin zur Überlassung eines bestimmten Kapitalbetrags für eine vorher festgelegte Dauer. Im Gegenzug erhalten sie schuldrechtliche Ansprüche auf eine laufende (feste oder variable) Verzinsung während der Laufzeit und auf Rückzahlung des eingesetzten Kapitals am Ende der Laufzeit. Weitere – gesellschaftsrechtliche – Rechte und Pflichten kommen den Investoren hingegen nicht zu. 

Im Gegensatz zur klassischen Ausgabe einer Schuldverschreibung mittels Erstellung einer physischen Schuldverschreibungsurkunde wird bei der Digitalisierung auf der Blockchain die Schuldverschreibung „tokenisiert“. Rechte und Pflichten investierender Investoren aus der Schuldverschreibung werden hiernach über die Blockchain aufgezeichnet. Durch ein „Technisches Emissionsprotokoll” (auch Smart Contract genannt) wird für jeden Anteil an der Schuldverschreibung, den ein Investor gegen Kapitaleinlage übernimmt, ein Token erstellt. Dieser Token repräsentiert die Rechte und Pflichten des Investors aus der Schuldverschreibung. Das heißt, jede tokenbasierte Schuldverschreibung mit einem Nennbetrag von beispielsweise EUR 1 wird durch einen Token in einem entsprechenden Smart Contract der Emittentin in einem zu wählenden Blockchain-Netzwerk repräsentiert. Eine kostenpflichtige, physische Verwahrung von Urkunden entfällt hierdurch gänzlich. 

Schuldverschreibungen zeichnen sich vor allem durch ihre hohe Flexibilität aus. So lassen sich die aus ihr resultierenden Rechte und Pflichten für die emittierende Projektgesellschaft wie auch für die zeichnenden Investoren detailliert und abhängig von den Finanzierungsbedürfnissen der auflegenden Projektgesellschaft regeln.

Solche Ausgestaltungen zur Digitalisierung von realen Vermögenswerten wurden auch bereits von der hierfür zuständigen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) genehmigt und befinden sich derzeit auf dem Markt. Die Bedeutung der neusten Entwicklungen ist der Gesetzgebung auch bekannt. So erließ das Bundeskabinett jüngst, am 18.09.2019, die sog. „Blockchain-Strategie der Bundesregierung“, die Weichen für die Token-Ökonomie stellen soll.

Wie sich die Rechtslage zukünftig weiterentwickeln wird, bleibt daher weiterhin abzuwarten. Gerne sind wir auch weiterhin für Sie beratend im Zuge dieser neuen Rechtsentwicklungen zum Thema Blockchain und Digitalisierung tätig.

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Christian FaberChristian Faber

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht,
Rechtsanwalt, Partner,
Zertifizierter ESG-Officer

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