Publikation –

26.6.2019

Geschäftsgeheimnisgesetz – neue Anforderungen im Verhältnis zu Arbeitnehmern und Geschäftspartnern

Das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) trat am 26.4.2019 in Kraft. Im ersten Teil des vorliegenden Beitrags soll kurz auf die arbeitsrechtlichen Aspekte des Gesetzes eingegangen werden. Im zweiten Teil wird beleuchtet, welcher Anpassungsbedarf sich für Geheimnisschutzverträge mit Geschäftspartnern ergibt.

I. Anforderungen im Verhältnis zu Arbeitnehmern

Unberührt bleiben gem. § 1 Abs. 3 Ziff. 3 und 4 GeschGehG u.a. die Autonomie der Sozialpartner und ihr Recht, Kollektivverträge nach den bestehenden europäischen und nationalen Vorschriften abzuschließen sowie die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis und die Rechte der Arbeitnehmervertretungen.

Die aktuelle Rechtsprechung über die Anforderungen an Vereinbarungen von Karenzzeiten (die sich grds. aus den §§ 74 ff. HGB ergeben) sollen nicht unterlaufen werden. Ebenso wenig soll die berufliche Mobilität der Arbeitnehmer eingeschränkt werden.

Geheimhaltungsmaßnahmen im Unternehmen

Gem. § 2 Nr. 1b GeschGehG hat das Unternehmen angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen zu treffen – abzustellen ist auf den Wert und die Natur des Geheimnisses, dessen Bedeutung für das Unternehmen sowie die Größe des Unternehmens. Maßgeblich sind die im Unternehmen üblichen Geheimhaltungsmaßnahmen und deren Kennzeichnung (der Geheimhaltungswille muss also dokumentiert werden – hierauf sollte das Compliance-Team achten), ebenso komme es auf die Vertragsgestaltung mit dem Arbeitnehmer an.

Hinsichtlich der Vertragsgestaltung mit Arbeitnehmern wird in der Literatur empfohlen, in Verträge mit Mitarbeitern eine dynamische Verweisung dergestalt aufzunehmen, dass insbesondere die in besonderer Weise als Geschäftsgeheimnis gekennzeichneten oder auf bestimmte Art und Weise geschützten Informationen vertraulich zu behandeln und die vorgesehenen Maßnahmen einzuhalten sind (siehe McGuire, WRP 2019, 679 ff.). Die Umsetzung und Überwachung der entsprechenden Verhaltenspflichten ist unbedingt zu dokumentieren, um den angemessenen Geheimnisschutz nachweisen zu können

Das Unternehmen kann, um dieser Verpflichtung gerecht zu werden, z.B. Schulungen anbieten. Wenn Mitarbeiter Zugriff auf schutzwürdige Informationen haben (also z.B. über vertrauliche Informationen im Rahmen von Entwicklungen verfügen), sollte über die Verschwiegenheits- bzw.Geheimhaltungsregeln im Arbeitsvertrag hinaus ein Non-Disclosure-Agreement geschlossen werden. Im Rahmen eines Know-How-Schutz-Konzeptes können Mitarbeiter in bestimmte Kategorien unterteilt werden und der Zugriff auf Passwörter etc. für bestimmte Gruppen festgelegt werden (so auch Naber/Peukert/Seeger, NZA 2019, 583 ff.).

Nachvertragliche Wettbewerbsverbote – die auch bisher schon vereinbart werden konnten – können hier hilfreich sein.

Vorgehen bei Whistleblowing

§ 5 GeschGehG zum „Whistleblowing“ regelt, dass Handlungen zur Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung oder eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens, wenn die Erlangung, Offenlegung oder Nutzung geeignet ist, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen sowie solche im Rahmen der Offenlegung durch den Arbeitnehmer gegenüber der Arbeitnehmervertretung (wie Betriebsrat), wenn dies erforderlich ist, dass die Arbeitnehmervertretung ihre Aufgaben erfüllen kann (§ 5 Ziff. 3 GeschGehG), nicht gem. § 4 GeschGehG verboten sind. Die Rechtsprechung auch hierzu bleibt abzuwarten. Einiges spricht dafür, dass Abmahnungen und gar Kündigungen bei Verstößen, die nicht im GeschGehG geregelt sind, möglich sind (so auch Naber/Peukert/Seeger, NZA 2019, 583 ff. m.w.N.). Eine Abmahnung wäre demnach bei Weitergabe einer Information nach draußen möglich, die kein Geheimnis i.S.d. § 2 GeschGehG darstellt.

Leider legt das GeschGehG nicht fest, welches Verfahren Hinweisgeber konkret einhalten müssen. Eine außerordentliche Kündigung bei einer Strafanzeige durch den Arbeitnehmer kann wegen des Schutzes der Freiheit der Meinungsäußerung gem. Art. 10 EMRK - wenn das die Wahrung des öffentlichen Interesses gebietet – unwirksam sein. Das ist relevant für die öffentliche Hand, die für die Allgemeinheit besonders wichtige Dienstleistungen erbringt (Naber/Peukert/Seeger, NZA 2019, 583 ff. m.w.N.). 

Sicherlich verbleibt es, will ein Arbeitnehmer Meldung machen, dabei, dass er zunächst innerbetriebliche Klärungsversuche unternimmt – dies obliegt ihm als arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Anders ist es, wenn der Arbeitnehmer sich durch die Nichtmeldung einer Straftat selbst strafbar machen würde.

Ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 5 GeschGehG wird angenommen, wenn die Arbeitnehmervertretung über einen bevorstehenden Personalabbau unterrichtet.

II. Anforderungen im Verhältnis zu Geschäftspartnern

Ebenso wie im Verhältnis zu Mitarbeitern ist der Begriff des Geschäftsgeheimnisses den neuen Anforderungen anzupassen. Auch hier bietet sich an vorzusehen, dass den Schutzpflichten des Partners insbesondere als vertraulich gekennzeichnete Informationen unterliegen.

Durch die grundsätzliche Zulassung des Reverse Engineering (Zurückentwicklung eines legal erworbenen Produkts zur Feststellung der dahinterliegenden Erfindung) durch das neue Gesetz sollten Regelungen aufgenommen werden, die dem Partner eben dieses Vorgehen verbieten, auch für die Zeit nach Vertragsbeendigung, was rechtlich möglich sein sollte.

Handlungsbedarf besteht vor dem Hintergrund des § 2 Nr. 2 GeschGehG. Hiernach ist Inhaber des Geschäftsgeheimnisses derjenige, der die rechtmäßige Kontrolle ausübt. Wenn der Geheimnisinhaber einem Geschäftspartner auf vertraglicher Basis die Nutzung des Geschäftsgeheimnisses erlaubt hat es der Vertragspartner rechtmäßig erlangt, sodass sich die Frage stellt, ob er die rechtmäßige Kontrolle hierüber ausübt. Die rechtliche Zuordnung des Geheimnisses zum Geheimnisinhaber sollte daher unbedingt vertraglich verankert werden.

Auch sollte eine Haftungs- und Freistellungsverpflichtung des Geschäftspartners vorgesehen werden, die Haftung für durch ihn gelieferte und durch die unrechtmäßige Verwendung fremder Geheimnisse „kontaminierte“ Produkte/Informationen zu übernehmen. Denn gem. § 4 Abs. 3 GeschGehG begeht auch derjenige eine Verletzung, der die Information von einer Person erhält, die die Information unerlaubt genutzt oder weitergegeben hat, wenn er dies wusste oder wissen musste.

Fazit

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass das Unternehmen angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen treffen und seinen Geheimhaltungswillen dokumentieren muss. Dies gilt gegenüber Arbeitnehmern wie gegenüber Geschäftspartnern.

Bei Arbeitnehmern gilt: Über die Verschwiegenheits- bzw. Geheimhaltungsvereinbarungen im Arbeitsvertrag hinaus sollte mit Know-How-Trägern ein Non-Disclosure-Agreement geschlossen werden. Auch nachvertragliche Wettbewerbsverbote können hilfreich sein. Klauseln zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen in Arbeits- und Aufhebungsverträgen sind weiterhin möglich. Die weitere Rechtsprechung wird die Einzelheiten zu klären haben.

Bei Geschäftspartnern gilt: Insbesondere Klauseln in entsprechenden Geheimnisschutzvereinbarungen zum Verbot des Reverse Engineering und zur Zuordnung der vertraulichen Informationen erscheinen künftig unabdingbar.

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Almut DiederichsenAlmut Diederichsen

Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht,
Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz,
Rechtsanwältin, Partnerin

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