Publikation –
25.3.2020
In Zeiten der Corona-Krise stellt sich für zahlreiche Unternehmen und Privatpersonen immer mehr die Frage, wie auf elektronischem Wege Verträge rechtsverbindlich abgeschlossen und Erklärungen rechtsverbindlich abgegeben werden können, ohne dass eine physische Anwesenheit erforderlich ist.
Die Vielzahl der Beschäftigten in Unternehmen befindet sich im Home-Office. Zwischen einzelnen Personen sollen gerade keine persönlichen Treffen und Konferenzen mehr stattfinden. Dadurch wird die Notwendigkeit der rechtsverbindlichen elektronischen Abgabe von Erklärungen und des elektronischen Abschlusses von Verträgen virulent.
Zum besseren Verständnis ist zunächst grundsätzlich festzuhalten, dass nach deutschem Recht die Abgabe von Willenserklärungen und der Abschluss von Verträgen formfrei möglich ist. Lediglich spezielle Verträge und Erklärungen unterliegen bestimmten Formerfordernissen. Daher kann ein formfreier Vertrag oder eine formfreie Willenserklärung grundsätzlich auch mit einfacher E-Mail abgegeben bzw. abgeschlossen werden. Allerdings stellt sich im gerichtlichen Prozess die Frage der Beweisbarkeit des Vertrages. Wenn man in einem gerichtlichen Verfahren sich auf Regelungen eines abgeschlossenen Vertrages beruft, ist man beweispflichtig dafür, dass dieser Vertrag geschlossen wurde. Wenn der Gegner in einem solchen Verfahren bestreitet, eine bestimmte einfache E-Mail abgesendet zu haben, wird diese Beweisführung deutlich erschwert. Daher hat der europäische Verordnungsgeber mit der sogenannten eIDAS-Verordnung (eIDAS-Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste) zahlreiche Möglichkeiten geschaffen, wie der eine elektronisch abgegebene Erklärung Verantwortende sicher identifiziert werden kann. Für die elektronische Abgabe einer Willenserklärung sieht der europäische Verordnungsgeber drei unterschiedliche Sicherheitsstufen vor:
Einfache elektronische Signatur
Bei der einfachen elektronischen Signatur handelt es sich nach der eIDAS-Verordnung lediglich um Daten, die ein Unterzeichner zum unterzeichnen verwendet. Hierbei kann es sich beispielsweise um eine eingescannte Unterschrift handeln. Allerdings kann auch der maschinell ausgeschriebene Namen zum Abschluss eines Dokuments eine solche einfache elektronische Signatur darstellen. Hinsichtlich der einfachen elektronischen Signatur werden vom Verordnungsgeber gerade keine Vorgaben gemacht. Es gibt zahlreiche Dienstanbieter, die eine einfache elektronische Signatur anbieten. Hierbei wird über definierte Workflowprozesse sichergestellt, dass nachvollzogen werden kann, wann ein Dokument von wem bearbeitet wurde. Insbesondere wird sichergestellt, dass ein Dokument nach der einfachen Signatur nicht mehr verändert werden kann. Ein solches System zur einfachen elektronischen Signatur macht für Unternehmen durchaus Sinn, wenn es gerade im innerbetrieblichen Umfeld sicherstellen möchte, dass es nachvollziehen kann, wer welches Dokument wann bearbeitet versendet hat. Auch ist dies gut geeignet, um interne Absprachen rechtsverbindlich zu dokumentieren.
Fortgeschrittene elektronische Signatur
Für die fortgeschrittene elektronische Signatur sind in der eIDAS-Verordnung Anforderungen definiert. Diese muss eindeutig dem Unterzeichner zugeordnet sein und die Identifizierung des Unterzeichners ermöglichen. Darüber hinaus müssen die elektronischen Signaturerstellungsdaten unter der alleinigen Verfügungsgewalt des Unterzeichners liegen und sie muss so an die unterzeichneten Daten, also das Dokument, angebracht werden, dass eine nach Signierung erfolgte Veränderung der Daten erkannt werden kann. Mit einer solchen fortgeschrittenen Signatur kann in einem zivilgerichtlichen Prozess mit großer Sicherheit das Vorliegen einer entsprechenden Willenserklärung nachgewiesen werden. Eine fortgeschrittene Signatur ermöglicht eindeutig die Zuordnung zu der Person, die eine Willenserklärung abgegeben hat und sie beweist darüber hinaus, dass derjenige diese Erklärung auch bewusst abgeben wollte.
Qualifizierte elektronische Signatur
Bei der qualifizierten elektronischen Signatur handelt es sich um eine fortgeschrittene elektronische Signatur, die zusätzlich von einer sogenannten „qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit“ erstellt wurde und auf einem „qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen“ beruht. Die Möglichkeit, solche Signaturen zu erstellen, kann nur über einen sogenannten „qualifizierten Vertrauensdienst“ erfolgen. Dies ist ein elektronischer Dienst, der die Identifizierung des Unterzeichners durchführt und dann die Signaturerstellungsmaterialien bereitstellt. Dabei muss dieser Dienst nachgewiesen haben, dass er die Anforderungen der eIDAS-Verordnung erfüllt. Für die Bereitstellung von qualifizierten elektronischen Signaturen ist immer ein eindeutiger Identitätsnachweis des Unterzeichners erforderlich. Dafür ist einmalig ein persönlicher Kontakt zwischen Unterzeichner und qualifiziertem Vertrauensdienst notwendig. Üblicherweise wird dies rechtmäßig durch einen Videocall ersetzt, kann also auch zwischen Abwesenden erfolgen. Bei einem solchen Videocall werden persönliche Daten abgefragt, es muss aber beispielsweise auch ein amtliches Ausweisdokument in die Kamera gehalten werden, um eine eindeutige Identifizierung sicherzustellen.
Notwendig ist die qualifizierte elektronische Signatur immer da, wo für den Vertragsabschluss oder die Abgabe der Willenserklärung die sogenannte Schriftform vorgeschrieben ist. Bei der Schriftform bedarf es grundsätzlich der handschriftlichen Unterschrift unter einem Dokument. Diese Form kann durch die qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden. Bei allen anderen Rechtsgeschäften ist die qualifizierte elektronische Signatur nicht erforderlich.
Mit der eIDAS-Verordnung neu hinzugekommen ist das sogenannte elektronische Siegel. Im Gegensatz zur elektronischen Signatur ermöglicht das elektronische Siegel einen Herkunftsbezug auch auf juristische Personen. Elektronische Signaturen beziehen sich immer auf natürliche Personen. Mit dem elektronischen Siegel haben nun juristische Personen die Möglichkeit, von ihnen erstellte Dokumente gegen nachträgliche Manipulationen zu sichern und einen eindeutigen Herkunftsnachweis zu erbringen. Dies kann im Massengeschäft, beispielsweise bei dem Versand von Rechnungen, einen großen Vorteil bringen. So muss die mit einem qualifizierten elektronischen Siegel versandte Rechnung auch von den Finanzämtern anerkannt werden.
Zur Praktikabilität:
Wichtig zu wissen ist, dass seit der eIDAS-Verordnung zusätzliche Hardware, wie ein Kartenlesegerät, für die Anbringung qualifizierter elektronischer Signaturen nicht mehr benötigt wird. Die benötigte Hardware kann von den qualifizierten Vertrauensdiensten vorgehalten werden. Die elektronische Signatur wird dann auf dem System des Vertrauensdienstes erstellt, der Zugang zu diesem System muss mit einer sicheren elektronischen Identifizierung (mindestens Zweifaktoridentifizierung) geschützt werden.
Auf der Website der Bundesnetzagentur gibt es die Möglichkeit auf eine Liste der in der gesamten Europäischen Union zugelassenen elektronischen Vertrauensdienste zuzugreifen.
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